Ökumenischer Fachtag zu 30 Jahren Religionsunterricht im Land Sachsen-Anhalt

18.07.2022

Wertschätzung der Lehrkräfte und Absprachen zwischen Land und Kirchen für die Zukunft der Religionsunterrichte getroffen 

- Videos zur Veranstaltung -        

Was hat die Suche nach dem “Michel” im Hamburger Modell mit dem Ökumenischen Religionslehrertag zu 30 Jahren Religionsunterricht im Land zu tun? – Nur so viel, als dass die Gruppe um das Improvisationstheater Kaltstart e.V. aus Halle/S. mit ihrer Darstellung, wie das Fach Religion auch unterrichtet werden könnte, den anwesenden Religionslehrkräften und Bildungsverantwortlichen ein herzhaftes Lachen entlockte.

Zu Beginn des Tages feierten die Lehrkräfte zusammen mit den leitenden Geistlichen der katholischen und den evangelischen Kirchen, Herrn Generalvikar Dr. B. Scholz (in Vertretung von Bischof Dr. Feige), Landesbischof F. Kramer und Kirchenpräsident J. Liebig einen Gottesdienst in der Kathedrale St. Sebastian in Magdeburg, an dessen Abschluss sie sich persönlich den Segen zusprechen lassen konnten.

Der sich anschließende Festakt im Roncalli-Haus widmete sich dem Rückblick auf 30 Jahre Religionsunterrichte im Land und dessen Zukunft in den kommenden Dekaden. Nach einer Begrüßung der Gäste und Würdigung des Einsatzes der Religionslehrkräfte durch die Veranstalter des Tages, Frau P. Erben-Grütz (Edith-Stein-Schulstiftung) und Herrn Dr. E. Steinhäuser (Pädagogisch-Theologisches Institut), trafen sich Vertreter von Kirchen und Land auf dem Podium. Die Ministerin für Bildung, Frau E. Feußner, der Leiter des Landesschulamtes, Herr G. Degner, und der Leiter des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerfortbildung (LISA), Herr Th. Schödel stellten sich den Fragen der beiden kirchlichen Beauftragten, A. Steinhäuser (Ev. Kirche Mitteldeutschlands) und St. Rether (Bistum Magdeburg). Am Nachmittag hatten die Religionslehrkräfte die Möglichkeit, in Workshops mit allen Gästen ins Gespräch zu kommen und ihre Fragen zu stellen. Der von St. Lipowski (Edith-Stein-Schulstiftung) moderierte Workshop 1 widmete sich dem Verhältnis von kirchlicher und staatlicher Bildungspolitik. Workshop 2, in dem auch die Lehrstuhlinhaber für Religionspädagogik, Prof. M. Domsgen und Prof. H. Schwillus für Fragen ansprechbar waren, thematisierte die Aus- und Fortbildung von Religionslehrkräften. In Workshop 3, der das Thema Unterrichtsorganisation aufgriff, berichteten die Schulbeauftragten der Kirchen, Frau K. Drohberg, Frau I. Sylvester und Herrn S. Brenner von ihren langjährigen Erfahrungen in der Organisation von Lerngruppen im Religionsunterricht.

Im Austausch betonte die Ministerin die Bedeutung der Religionsunterrichte angesichts der gesellschaftlichen Krisensituation. Friedensbildung, die Einübung von Solidarität und nachhaltigem Handeln seien wichtige gesellschaftsrelevante Beiträge, die neben Ethik auch im Religionsunterricht vermittelt würden. Deshalb bestehe überwiegender Konsens in Landesregierung und Kabinett die Rahmenbedingungen für den Religionsunterricht in öffentlichen Schulen auch künftig zu gewährleisten. Die von einer Arbeitsgruppe erarbeitete Handreichung für Schulleitungen zu Fragen der Einrichtung und Organisation von Lerngruppen sei deshalb ein wichtiges Instrument, religiöse Bildung als Teil der allgemeinen Bildung zu fördern. Auch der beschrittene Weg der Kooperation zwischen den beiden Kirchen im Religionsunterricht sei eine zukunftssichernde Option für die Religionsunterrichte. Dafür lohne es sich, sowohl von Seiten des Landes als auch der Kirchen verstärkte Maßnahmen zur Werbung von interessierten Schülern und Studierenden für den Beruf der Religionslehrkraft zu unternehmen. Insbesondere im Bereich der Sekundarschulen bedürfe es eines verstärkten Engagements von Staat und Kirchen Religionslehrkräfte zu gewinnen.

Der Leiter des Landesschulamtes, G. Degner, sicherte zu, das Einwahlverfahren in die werteorientierenden Fächer hinsichtlich Transparenz und Kommunikation zu den Leitungen öffentlicher Schulen zu überprüfen. Er versprach, die Schulbeauftragten der Kirchen in die Dienstberatungen der Schulleitungen zu Fragen des Religionsunterrichtes mit einzubeziehen. Außerdem müsse in seinem Haus geprüft werden, ob kirchliche Religionslehrkräfte auch als Mentoren für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst eingesetzt werden könnten. Zugleich warb Degner um die Mitwirkung der Kirchen hinsichtlich der Entsendung von kirchlichen Religionslehrkräften in die Schulen des Landes. Für die zu erwartende Pandemiewelle im Herbst versprach er, die Vorgaben hinsichtlich schulischer Hygienepläne mit Blick auf die z.T. differierenden Organisationsformate der Religionsunterrichte überarbeiten zu lassen.

Thomas Schödel als Direktor des LISA machte in den Gesprächen auf dem Podium und im Workshop deutlich, dass sich religiöse Bildung nicht nur auf die Erteilung von Religionsunterricht begrenzt, sondern auch in vielfältigen außerfachlichen Projekten der Schulkultur zum Ausdruck kommt. Als vormaliger Leiter der Landesschule Pforta, zu deren Besitz sogar eine eigene Kirche gehöre, habe er erlebt, wie sich Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Formaten und zu unterschiedlichen Anlässen im Schuljahr mit Fragen von Weltanschauungen, Religion oder Philosophie auseinandergesetzt hätten. Dafür sei es immer notwendig gewesen, dass sie fachlich kompetente Ansprechpartner/innen in ihrer Nähe hatten, zu denen sich aufgrund der Bedeutung dieser Fragen nicht selten auch ein Vertrauensverhältnis entwickelt habe. Es lohne sich deshalb in die gute fachliche Ausbildung von Religionslehrkräften und auch in Qualifizierungsmaßnahmen zu Schulseelsorge und Schulpastoral zu investieren.  Für die Zukunft der Religionsunterrichte im Land sieht Schödel ein großes Potential in der Einbindung in überfachliche Projekte wie bspw. zu Digitalisierung und nachhaltigem Handeln. Ähnliche Entwicklungen nahmen auch Fortbildungsverantwortliche der Kirchen in Workshop 2 wahr, die davon berichteten, dass zunehmend digitale Formate von Lehrerfortbildungen oder Fortbildungen an anderen Lernorten nachgefragt würden.

Am Ende des Tages ließ sich der gesuchte “Michel” im Hamburger Modell zwar noch immer nicht auffinden, dafür war aber die Zufriedenheit der Bildungsverantwortlichen in Land und Kirchen über getroffene Absprachen und die gelungene Festveranstaltung allseits spürbar.

 P. Erben-Grütz

(Foto: Sperling)